Vielleicht bist du hier, weil jemand, den du liebst, gerade die Diagnose ADHS bekommen hat. Oder weil du schon lange mit jemandem zusammenlebst und endlich einen Namen für das hast, was euren Alltag so anders macht. Vielleicht bist du auch einfach erschöpft. Erschöpft von den vergessenen Abmachungen, den verlorenen Schlüsseln, den Gesprächen, die ins Leere laufen. Du fragst dich, ob du noch mehr Geduld aufbringen kannst. Ob es überhaupt besser wird.
All das ist in Ordnung. Deine Gefühle sind berechtigt. Es ist anstrengend, mit jemandem zu leben, dessen Gehirn anders funktioniert. Es ist frustrierend, wenn Dinge, die für dich selbstverständlich sind, für den anderen eine echte Hürde darstellen. Und es ist einsam, wenn du das Gefühl hast, dass niemand wirklich versteht, wie dein Alltag aussieht.
Gleichzeitig liebst du diesen Menschen. Du siehst die Kreativität, die Begeisterungsfähigkeit, die Wärme. Du weisst, dass hinter dem Chaos ein Mensch steckt, der sich genauso wünscht, dass alles einfacher wäre. Der sich schämt für die vergessenen Geburtstage und die unterbrochenen Gespräche. Der oft härter mit sich selbst ist, als du es je sein könntest.
Diese Seite ist für dich. Nicht um dir zu sagen, dass du mehr Verständnis haben sollst. Das hast du wahrscheinlich schon zur Genüge gehört. Sondern um dir zu zeigen, dass du nicht allein bist. Dass es Wege gibt, die für euch beide funktionieren. Und dass es auch für dich Unterstützung gibt, nicht nur für die Person mit ADHS.
Es ist nicht persönlich
Das ist das Wichtigste zuerst: Wenn jemand mit ADHS etwas vergisst, zu spät kommt oder nicht zuhört, ist das keine Aussage über dich. Es ist keine mangelnde Wertschätzung. Es ist die Art, wie das Gehirn funktioniert.
Das zu verstehen, wirklich zu verstehen, verändert alles. Nicht als Ausrede, sondern als Grundlage für realistische Erwartungen.
Was hilft
Als Angehöriger kannst du unterstützen, ohne zu kontrollieren:
- Erinnerungen geben, ohne zu nerven
- Strukturen gemeinsam entwickeln
- Geduld haben bei Vergesslichkeit
- Die Stärken sehen, nicht nur die Schwierigkeiten
- Akzeptieren, dass manches anders sein wird
Du bist nicht der Therapeut
Es ist nicht deine Aufgabe, das ADHS zu managen. Du kannst unterstützen, aber die Verantwortung bleibt bei der betroffenen Person. Diese Grenze zu ziehen schützt euch beide.
Kommunikation anpassen
Lange Erklärungen gehen verloren. Halte es kurz. Wichtiges wiederholen, ohne genervt zu klingen. Nachfragen, ob es angekommen ist. Schriftlich bestätigen, was mündlich besprochen wurde.
Timing ist wichtig. Nicht ansprechen, wenn Hyperfokus herrscht. Nicht zwischen Tür und Angel. Einen Moment der Aufmerksamkeit abwarten oder gezielt schaffen.
Auf dich achten
Das Leben mit jemandem mit ADHS kann anstrengend sein. Das darf man sagen, ohne das ADHS zu verurteilen. Deine Frustration ist real und berechtigt.
Suche dir eigene Unterstützung. Freunde, die zuhören. Vielleicht eine eigene Beratung. Es gibt auch Angehörigengruppen, wo du dich mit anderen austauschen kannst, die ähnliches erleben.
Gemeinsam lernen
ADHS verstehen hilft. Lies darüber, schau Videos, begleite zu Terminen wenn gewünscht. Je mehr du verstehst, desto weniger nimmst du persönlich. Und desto besser könnt ihr Lösungen finden, die für euch beide funktionieren.
Ein guter Startpunkt ist die Schweizerische Fachgesellschaft ADHS mit Informationen für Betroffene und Angehörige.